Inwiefern arbeitet She’s Mercedes mit anderen Abteilungen innerhalb des Konzerns zusammen? Welche Rolle spielt der Austausch untereinander?

Wir sind gut mit den anderen Abteilungen innerhalb des Unternehmens vernetzt, weil wir als Team sehr interdisziplinär arbeiten. Die ersten Ideen sind damals in der Innovationsabteilung herangereift, 2016 haben wir das Projekt innerhalb des Bereichs Marketing und Vertrieb offiziell ins Leben gerufen und die Initiative gestartet. Uns wurde aber sehr schnell klar, dass wir uns der Frage, wie die Bedürfnisse von Frauen beim Thema Mobilität aussehen, nicht nur aus Marketingperspektive widmen sollten. Deshalb sehen wir uns auch als ganzheitliche Initiative, die mit vielen unterschiedlichen Abteilungen innerhalb des Konzerns im Austausch ist. Außerdem sind wir mit She’s Mercedes mittlerweile in mehr als 70 Ländern aktiv, wodurch ebenfalls ein spannender Austausch entsteht. Es ist schön zu beobachten, wie aus dieser Vielzahl an Perspektiven neue Ideen entstehen.

Bleiben wir noch ganz kurz bei den Mobilitätsbedürfnissen von Frauen. Wie würden Sie diese aktuell beschreiben?

Wir haben festgestellt, dass es bei dieser Frage weniger um das Geschlecht, sondern sehr viel mehr um die individuelle Lebenssituation geht. Unsere Bedürfnisse sind auch bei diesem Thema unglaublich vielfältig. Was wir dennoch beobachten konnten, ist, dass Frauen, wenn es um Mobilität geht, Produkte und Dienstleistungen bevorzugen, die ihnen das Leben erleichtern. Sie sollten also intuitiv sein. Außerdem spielen Sicherheit, Funktionalität und Design wichtige Rollen.

Und vermutlich auch immer stärker das Thema Nachhaltigkeit. Es ist ja in vielen verschiedenen Bereichen zu beobachten, dass Frauen gerade in diesem Themenbereich als treibende Kräfte agieren.

Das ist in der Tat ein Thema, das uns sehr stark umtreibt und dem wir uns intensiv widmen. Viele Frauen sind sehr an Themen wie Gesundheit, Fitness, Nachhaltigkeit interessiert und setzen sich dafür ein. In Umfeldern wie Umwelt, Mode und Ernährung gibt es einen unheimlichen Nachhaltigkeitstrend. Damit einher geht das Thema Elektromobilität. Unsere Kundinnen erwarten von uns nachhaltige und faszinierende Produkte. Deshalb ist es auch ein Eckpfeiler der nachhaltigen Geschäftsstrategie, an der wir gerade arbeiten. Diese Strategie hat mehrere Dimensionen, aber eines der entscheidenden Themen ist unser CO2-Fußabdruck.

Networking und Empowerment stehen auf der Agenda von She’s Mercedes ganz oben. Warum liegt der Fokus so stark auf Networking?

Das ist richtig, Networking ist ein großer Bestandteil der Initiative. Ein Grund dafür ist, dass ich davon überzeugt bin, dass Inspiration Neues schafft und über Networking Inspiration entstehen kann. Deshalb ist es uns ein großes Anliegen, mit She Mercedes eine Bühne zu schaffen, auf der sich Frauen austauschen können. Umgekehrt werden aber auch wir durch viele dieser Begegnungen inspiriert. Wo wir schon beim Thema Inspiration sind: Für uns war natürlich auch Bertha Benz, die mit ihrer Langstreckenfahrt den Grundstein für den Erfolg von Mercedes-Benz legte, eine große Inspiration.

»Es soll nicht nur darum gehen, Telefonnummern und Linkedin-Kontakte zu sammeln, sondern wir möchten branchenübergreifend den Austausch zwischen Frauen unterstützen.«

Waren Sie vor She’s Mercedes schon begeisterte Netzwerkerin?

Für mich ist bei diesem Thema immer ein bisschen die Frage, was man unter dem Begriff »Netzwerkerin« überhaupt versteht. Ich sehe mich nicht als Netzwerkerin des Netzwerkens willen, sondern bin einfach ein neugieriger und kontaktfreudiger Mensch. Der Austausch mit anderen Menschen hilft mir, neue Ideen zu entwickeln und kreativ zu sein. Auch bei She’s Mercedes soll es nicht nur darum gehen, Telefonnummern und Linkedin-Kontakte zu sammeln, sondern wir möchten branchenübergreifend den Austausch zwischen Frauen unterstützen. Und freuen uns natürlich auch immer sehr, wenn aus diesen ersten Annäherungen etwas Größeres entsteht – vielleicht eine Freundschaft, eine Kooperation oder möglicherweise sogar die Idee zu einem gemeinsamen Projekt oder Unternehmen.

Welche Herausforderungen sind Ihnen in der Gründungsphase der Initiative She’s Mercedes begegnet?

Ich denke, dass wir bei der Gründung der Initiative jene Dinge erlebt haben, die auch alle anderen erleben, die eine Bewegung starten oder ein Projekt in einem kleineren oder größeren Unternehmen in Gang setzen. Am Anfang ist uns schon sehr viel Skepsis entgegengeschlagen. Manche haben sich über das Projekt gewundert, weil Frauen ja schon seit jeher Teil unserer Marke sind. Wichtig war für uns zu dieser Zeit auf jeden Fall, dass wie Unterstützung unserem heutigen Vorstandsvorsitzenden Ola Källenius hatten, der damals bereits Teil des Vorstandsteams war. Er hat uns in diesem Thema sehr bestärkt, weil es ihm auch persönlich ein großes Anliegen ist. Am Anfang war also schon einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten. Im Austausch mit unseren Märkten weltweit haben dann aber sehr schnell alle gespürt, dass es ein gesellschaftspolitisch wichtiges Thema ist. Gerade in einer Industrie, die sich in einer Phase der Transformation befindet. Diesen Wandel auf diese Weise mitgestalten zu können, ist nicht nur ein schönes Gefühl, sondern auch eine wichtige Aufgabe.

»Auf persönlicher Ebene haben mich aber vor allem Momente bewegt, in denen ich mitbekommen habe, dass She’s Mercedes Frauen dazu gebracht hat, über ihr Leben oder ihre Karriere nachzudenken.«

Gab es einen Moment, der Ihnen in Zusammenhang mit She’s Mercedes in besonderer Erinnerung geblieben ist?

Es gab viele wunderschöne Momente und ich werde mich natürlich immer an die Begegnungen mit Beth Ditto, Gwyneth Paltrow oder Auma Obama erinnern. Auf persönlicher Ebene haben mich aber vor allem Momente bewegt, in denen ich mitbekommen habe, dass She’s Mercedes Frauen dazu gebracht hat, über ihr Leben oder ihre Karriere nachzudenken. Oder sich dazu entschieden haben, sich nach einer langen Konzernkarriere selbstständig zu machen.

Sie waren ja schon vor Gründung der Plattform bei Daimler tätig. Was hat Sie an der Automobilbranche gereizt?

Die Internationalität der Branche hat mich immer gereizt. Es war aber auch ein Zufall, dass ich vor 18 Jahren bei Mercedes AMG begonnen habe. Ich hatte mein Studium nicht darauf ausgelegt, in der Automobilbranche Fuß zu fassen. Als ich damals im Vertrieb angefangen habe, hat mich die Internationalität und der ständige Wandel in dieser Branche aber sofort begeistert.

Wie sieht es mit dem Frauenanteil bei Daimler aus?

Ende 2019 hatten wir in leitenden Führungspositionen einen Frauenanteil von 19.8 Prozent, im Aufsichtsrat einen Frauenanteil von 30 Prozent, im Vorstand standen wir bei 25 Prozent. Auf Vorstandsebene wird diese Zahl ab kommenden Frühling aber auf jeden Fall anders aussehen, weil Karin Rådström im Mai in den Vorstand der Daimler Truck AG einziehen wird.

Zum Abschluss noch eine fast schon philosophische Frage: Was bedeutet Erfolg für Sie?

Das ist eine Frage, die gar nicht so leicht in Worte zu fassen ist und die ich nicht auf einen Aspekt reduzieren kann. Ich würde sagen, dass es ein ausgewogenes Wechselspiel zwischen beruflicher und privater Erfüllung ist. Eine erfolgreiche Veranstaltung ist für mich, wenn ich das Leuchten in den Augen der Teilnehmerinnen sehe und ich bemerke, dass eine besondere Energie entstanden ist. Als Führungskraft bedeutet Erfolg wiederum für mich, dass jede und jeder im Team, ein Projekt oder eine Veranstaltung auch als persönlichen Erfolg sieht und sich einbringen konnte.