Frau Herlitschka, Sie sind gleich in mehrerlei Hinsicht ein Beispiel dafür, wie man erfolgreich traditionelle Rollenbilder durchbricht – an der Spitze eines Technologie-Konzerns und erste Frau im Präsidium der IV. Was machen Sie richtiger als andere?

Richtig oder falsch sind da keine passenden Kategorien. Jede und jeder muss ihren Weg finden. Mein persönlicher Antrieb ist es immer, Themen und Projekte voranzubringen, von denen ich überzeugt bin. Ich bin also eine „Überzeugungs-Aktivistin“. Und ich habe auch immer wieder etwas riskiert, bin bewusst in neue Themen und Aufgaben gegangen. Das ist mein Weg, der zu mir passt. Wenn es ein Rezept gibt, dann ist es wohl: Suche den Weg, der zu Dir passt und entscheide dich auch wirklich dafür.

Hat es sie überrascht, als man Sie gefragt hat, ob Sie die Funktion der Vize-Präsidentin einnehmen wollen? Haben Sie geantwortet: War ja längst Zeit für eine Frau in dieser Funktion!?

Ich habe einfach »Ja gerne« gesagt. Aber ich war nicht überrascht. Warum sollte ich das sein? Weil ich gefragt wurde, obwohl ich eine Frau bin? Oder weil ich eine Frau bin? Es ist ohne Zweifel ein wichtiges und zeitgemäßes Zeichen für die Sichtbarkeit von Frauen in der Industrie, aber ich lasse mich nicht auf das Frausein reduzieren. Seit einigen Jahren führe ich das forschungsstärkste Unternehmen dieses Landes, ich verantworte die größte Industrieinvestition, die Österreich bisher gesehen hat. Und ich engagiere mich seit vielen Jahren mit großer Leidenschaft für den Industrie-, Forschungs- und Innovationsstandort Österreich und Europa. Also ich denke, ich kann etwas beitragen. Und es ist mir ein Anliegen, auch andere Frauen zu ermutigen, ihren Weg konsequent zu gehen, und das tun ja sehr viele, auch wenn es nicht immer so wahrgenommen wird…

Glauben Sie, dass Frauen Erfolg anders definieren als Männer? Könnte dies ein Grund sein, weshalb es sie seltener ganz nach oben drängt?

Wenn ich von mir selbst ausgehe, ich habe mir nie vorgenommen, diese oder jene Position zu erreichen. Gerade wenn es um Führung geht, braucht es zusätzlich zur Expertise auch den Mut, »ja« zu sagen und die Herausforderung anzunehmen. Respekt vor der Aufgabe zu haben ist gut, aber es nicht zu versuchen, bedeutet ein Scheitern im Voraus. Den Schritt zu setzen, öffnet die Chance, an der neuen Aufgabe zu wachsen.

Bringt Digitalisierung Frauen grundsätzlich weiter voran, hilft sie ihnen besser zu performen? Worauf muss ein Unternehmen achten, dass es so ist?

Die Digitalisierung ist eine kulturelle Revolution, vielleicht vergleichbar mit der Erfindung des Buchdrucks oder der Dampfmaschine. Die Frage ist, ob sie Chancen für Frauen bietet. Und da kann ich nur ganz klar „ja“ sagen. Sie bietet Chancen für alle, die sich auf Neues einlassen, die sich engagieren und bereit sind, Risiken einzugehen. Unsere Arbeitswelt wird flexibler, unabhängiger in Zeit und Raum, Teamarbeit wird wichtiger, interdisziplinäres Denken und gute Ausbildung sind wesentliche Fundamente – all das kommt vielen Frauen entgegen.

Wie weiblich ist Innovation – und auf welchen Feldern macht sich dies am deutlichsten bemerkbar? Ich denke, dass es auf diese Frage keine simple Antwort gibt, denn das Schubladisieren in „typisch Mann“ oder „typisch Frau“ bringt uns nicht weiter. Vielmehr geht es doch darum, die Unterschiede im Denken in der Herangehensweise zu nutzen, um gemeinsam zu neuen Lösungen zu kommen.

Faktenbox Infineon Geschäftsjahr 2019

Umsatz: € 3.113,8 Mrd.

Ergebnis: € 306,4 Mio.

F&E-Aufwendungen: € 525 Mio. (=17 Prozent vom Umsatz)

Beschäftigte gesamt: 4.609

Beschäftigte F&E: 1.977

Das Interview in voller Länge lesen Sie in der kommenden Ausgabe von SHEconomy, die ab 14. Dezember am Kiosk erhältlich ist.