Eines war für Karoline Winkler schon in der Schulzeit klar: dass sie nicht ins Unternehmen ihrer Familie einsteigen wollte. Die ist in Wien nicht unbekannt, besitzt die Familie Querfeld mit dem Café Landtmann doch eines der traditionsreichsten Kaffeehäuser der Hauptstadt. Da Karoline Winkler anfangs nicht wusste, in welche Richtung sie der Weg nach der Matura führen sollte, arbeitete sie übergangsweise als Kellnerin in einem der Lokale der Familie. »Dann habe ich gemerkt, dass ich die Gastronomie doch nicht so schlecht finde und begonnen, Tourismus an der FH der Wirtschaftskammer zu studieren.«

Teil der eigenen Geschichte

Mittlerweile ist die 29-Jährige Geschäftsführerin des Café Mozart und des Crossfield’s Australian Pub und im Familienunternehmen für Projekt- und Kommunikationsmanagement, technische Neuerungen und Wissensmanagement zuständig. So führte sie regelmäßige Meetings ein – ein Novum in der Großfamilie, »da wir uns ja alle regelmäßig sehen und über die Arbeit sprechen. In einem Familienunternehmen gibt es kein Wissensmanagement – alle machen es, weil sie es immer schon getan haben und es aus der Erfahrung heraus können.« Was bedeutet es, in der dritten Generation einer großen Unternehmerfamilie tätig zu sein? »Ich musste mir meine Position erkämpfen«, erinnert sich Winkler, »und habe mir die Bereiche zu meinen Bereichen gemacht. Das Positive ist, dass ich auf einen unglaublichen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Ich bin sehr stolz darauf, in diesem Unternehmen arbeiten zu können, denn ich bin damit aufgewachsen.« Die Unternehmerin betont, dass die zehn Betriebe der Familie Teil ihrer persönlichen Geschichte sind und sie manche Entscheidungen deshalb emotionaler trifft.

Karoline Winkler © Jan Lackner

Unternehmerische Werte

2018 wurde, gemeinsam mit der Agentur Identifire, die Arbeitgebermarke Querfeld aufgebaut. Dazu wurden drei Werte definiert, die die Familie ausmachen: zuvorkommend, zuverlässig und zukunftsweisend. Diese Werte sowie ein weiterer Punkt sind nach Karoline Winklers Ansicht das Erfolgsgeheimnis der Familie: »Jedes Lokal ist ein Herzensprojekt. Anfangs sind es Bauchentscheidungen, einen Standort zu übernehmen, dann aber wird er wirtschaftlich evaluiert. Meistens sind es Projekte, in die man am Anfang relativ viel investieren muss, aber es sind auch Lokale, die eine Geschichte haben. Wir versuchen, diese Identität sichtbar zu machen.«

»Ich will nicht die liebste oder strengste, sondern eine faire Chefin sein, die produktiv mit ihren Mitarbeitern zusammenarbeitet.«

Worauf achtet die Jungunternehmerin, die von den alteingesessenen Obern respektvoll Juniorchefin genannt wird? »Auf unsere Familienwerte. Ich will nicht die liebste oder strengste sondern eine faire Chefin sein, die produktiv und auf einer Ebene mit ihren Mitarbeitern zusammenarbeitet.« In ihrer Freizeit findet Karoline Winkler ihren Ausgleich mit Labradorhündin Mokka, zwei Bienenstöcken und Reisen, wobei sie vor allem Destinationen wählt, die sie aus ihrer Komfortzone holen. So hat sie ihr letzter Urlaub nach Island geführt, wo sie mit einem Campingbus unterwegs war, im Zelt geschlafen und auf einem Gaskocher gekocht hat. »Je mehr Verantwortung ich übernehme, desto öfter kann es sein, dass ich als junge Frau unterschätzt werde, wenn man mich nicht kennt. Aber ich glaube, dass man sich durch Kompetenz schnell Respekt verschaffen kann und dann auch ernst genommen wird.« Ihr Motto: Stärken stärken. »Nicht jeder muss alles können – man muss nur wissen, wo man sich das Wissen holen kann.«


Die Familie Querfeld – Wiener Kaffeehaustradition

1976 haben Anita und Herbert Querfeld mit dem Café Landtmann das erste Lokal gepachtet. Nach und nach stiegen Sohn Berndt, seine Frau Irmgard und seine Schwester Andrea Winkler sowie vor dreieinhalb Jahren deren Tochter Karoline Winkler mit ein. Heute gehören zum Unternehmen 350 Mitarbeiter und zehn Cafés und Lokale in Wien: Café Landtmann, Café Residenz & Hofbackstube, Café Hofburg, Landtmann’s Parkcafé, Café Museum, Landtmann’s Jausen Station, Crossfield’s Australian Pub, Das Bootshaus, Landtmann’s feine Patisserie. Berndt Querfeld gilt in der Familie als Vordenker und Ideenlieferant, der auf die ständige Weiterentwicklung des Unternehmens achtet.